Innovative Stadtentwicklung

Städte der Zukunft: Was ist eigentlich eine Smart City?

Wer den Begriff Smart City hört, hat oft eine hochtechnologische Science-Fiction-Stadt aus Hollywood-Blockbustern vor Augen. Fliegende Transportmittel, KI-Einsatz allerorten, Roboter und digitalisiertes Wohnen. Doch so weit geht es heutzutage glücklicherweise noch nicht. 

Smart City
Foto: Viebrockhaus AG

Was genau versteht man aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt unter einer Smart City? Kurz gesagt könnte man es so formulieren: Eine Smart City ist eine Stadt oder eine Siedlung, die durch den Einsatz von Digitalisierung und innovativen Technologien sowie auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse effizienter, nachhaltiger und lebenswerter gestaltet wird. Im Kern geht es darum, urbane Prozesse und Infrastrukturen durch vernetzte Systeme zu optimieren und mit zukunftsorientierter Siedlungsplanung die Lebensqualität der Bewohner zu erhöhen. Dies erfordert ein Umdenken in der Städte- und Siedlungsplanung, um zukünftigen Herausforderungen wie demografischem Wandel, Ressourcenknappheit, Klimawandel und Umweltschutz gerecht zu werden. 

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Die SmartCity in Harsefeld bei Hamburg, zeigt, wie das Wohnen von morgen aussehen könnte. Foto: Viehbrockhaus AG

Ein Beispiel für eine solche zukunftsorientierte Stadtentwicklung ist die SmartCity in Harsefeld, wo durch intelligente Lösungen in den Bereichen Verkehr, Energie und Kommunikation ein modernes, lebenswertes und nachhaltiges Wohnumfeld geschaffen wird.

SmartCity in Harsefeld: Vorzeigeprojekt und Forschungsfeld

Ein visionäres Bauprojekt wurde in Harsefeld, nur wenige Kilometer von Hamburg entfernt, geschaffen und im Herbst 2023 fertiggestellt: die Ökosiedlung "SmartCity". In enger Zusammenarbeit haben der Massivhaus-Bauer Viebrockhaus mit Green Planet Energy (vormals Greenpeace Energy) und der Gesellschaft für innovatives Bauen diesen zukunftsweisenden Plan in die Tat umgesetzt, der nun Gegenstand eines Forschungsprojektes ist. Neben dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE und der Hochschule21 ist auch die RWTH Aachen (Institut for Energy Efficient Buildings and Outdoor Climate) an der Forschungsarbeit beteiligt.

Die CO2-neutral erstellte Siedlung besteht aus 18 energiesparenden Einfamilien- und Doppelhäusern der Effizienzhaus-Stufe 40 NH und setzt neue Maßstäbe in Sachen Energieeffizienz und Umweltschutz. Unter der Leitung von Dr. Ing. Elena Paul, die das Projekt auf der 26. UN-Klimakonferenz in Glasgow vorstellte, ist ein nachhaltiges Wohnkonzept entstanden, welches die Ansprüche an Lebensqualität und die Anforderungen an zukünftige Klimabedingungen sowie an moderne Energiekonzepte miteinander vereint. 

Die Häuser innerhalb der sogenannten Smart-Kommune nutzen modernste Technik, um den kollektiv produzierten Ökostrom zu speichern und gemeinsam zu nutzen. Dieses Konzept ist das erste seiner Art und konnte mit Hilfe des örtlichen Energieanbieters so auf den Weg gebracht und an das städtische Netz angeschlossen werden. Nachhaltige Innovationen zeigen sich aber auch in vielen weiteren Aspekten, wie recycelte Materialien beim Bau, beispielsweise mit bis zu 50 % weniger CO2-Ausstoß bei der Betonproduktion, bis hin zu effizienten Wärmepumpen und Dachbegrünung für ein besseres Mikroklima. Die Siedlung verfügt auch über ein eigenes E-Auto und ein innovatives Wassermanagement-System, das die versiegelten Flächen von durchschnittlich 50 % auf sagenhafte 11 % minimiert. Die "SmartCity" in Harsefeld ist ein lebendiges Beispiel für die Zukunft des Wohnens: nachhaltig, technologisch fortschrittlich und umweltfreundlich.

Die wichtigsten Eckpunkte einer Smart City

Am Beispiel des Modellprojektes der SmartCity in Harsefeld kann verdeutlicht werden, welche Lösungen die Eckpfeiler für eine zukunftsweisende Städteentwicklung sein können: 

  • Nachhaltiges Bauen: Ab dem Jahre 2025 soll der Bau von CO₂-neutralen, energiesparenden Effizienzhäusern mit der Effizienzhaus-Stufe 40 NH Pflicht werden. Die Häuser der SmartCity in Harsefeld übersteigen alle zukünftigen Vorgaben bereits heute. So wurden größtenteils recycelte Baustoffe wie beispielsweise Fensterrahmen und Mauerziegel aus Abrissprojekten verwendet, die in der Siedlung der Zukunft nun ein neues Leben gewonnen haben.
  • Autarke Stromversorgung: Teil der Energiewende können durchaus auch einzelne oder in Kommunen zusammengeschlossene Wohngebäude sein, die kollektiv Solarstrom erzeugen, diesen zentral speichern und gemeinsam nutzen. So wird Solarstrom, der in dem einen Haus nicht gebraucht wird, einem anderen Haus zur Verfügung gestellt. Dadurch entsteht eine autarke Stromversorgung in dieser Häuser-Kommune, die unabhängig ist von der Versorgung kommunaler Energielieferanten. Im Falle eines großflächigen Stromausfalls ist die Versorgung der Siedlung dennoch gesichert, obwohl sie auch ans öffentliche Netz angeschlossen ist. In der Ökosiedlung in Harsefeld ist es heute schon so.
  • Effiziente Wärmeversorgung: Häuser von morgen müssen über neue Energiekonzepte verfügen, um sich von endlichen, fossilen Brennstoffen unabhängig zu machen. Die Häuser in Harsefeld haben mit fossilen Brennstoffen nichts mehr zu tun. Sie sind mit modernsten Wärmepumpen ausgestattet, die in Kombination mit cleveren Belüftungssystemen und innovativen Dämmstoffen für ein gesundes und angenehmes Wohnklima sorgen.
  • Intelligente Nutzung des Hausdaches: Hausdächer sind wertvolle, aber meist ungenutzte Flächen, die wichtige Aufgaben bei der Energiegewinnung übernehmen und für ein besseres Mikroklima sorgen können. In der SmartCity in Harsefeld ist eine Hausdachseite der Häuser mit einer Photovoltaik-Anlage bzw. mit einem sogenannten Energiedach ausgestattet, die andere mit einem Gründach, welches das Klima im Quartier aufwertet und gleichzeitig eine Dämm- und Isolierungsfunktion mit sich bringt. Zugleich stellt ein Gründach einen wichtigen und notwendigen Lebensraum für Insekten und andere Lebewesen dar.
  • Reduzierung versiegelter Flächen: Nicht nur bei Starkregen und Hochwasser sind versiegelte Flächen in städtischen Regionen ein echtes und bedrohliches Problem. Beim Modellprojekt SmartCity in Harsefeld sind verhältnismäßig sehr geringe Flächen wirklich versiegelt. Dr. Bernhard Fischer vom Hochwasser Kompetenzzentrum in Köln spricht bei der Eröffnung der Ökosiedlung in diesem Zusammenhang von der „Schwammcity“. Jedes Haus der Siedlung verfügt u. a. über eigene Zisternen, die große Mengen Regenwasser aufnehmen und speichern und bei Bedarf an die öffentlichen Abwassersysteme abgeben können. Der Vorteil ist, dass auch bei Starkregen, wie es ihn kurz nach der Eröffnung gab, die öffentlichen Abwassersysteme nicht überfordert werden.

Zusätzlich zu diesen Punkten aus dem Modellprojekt in Harsefeld können intelligente Technologien in einer Smart City zu mehr Lebensqualität, weniger Kosten durch smartere Ressourcenplanungen und mehr Nachhaltigkeit beitragen. Modernste digitale Vernetzung verbessert die Nutzung von Strom und Wasser. Diese Technologien optimieren den Energieverbrauch von Gebäuden, indem sie Heiz- und Kühlsysteme und Beleuchtung automatisch steuern. Zudem reduzieren sie beispielsweise den Wasserverbrauch und regeln optimiert das Raumklima. Begrünter Wohnungsbau stellt schon jetzt unverzichtbare Flächen zur Verfügung. So wird nicht nur die Lebensqualität der Hausbewohner erhöht, sondern auch neue Biotope für Insekten und andere Tiere geschaffen.

Die Zukunft des Wohnens: nachhaltig, CO₂-neutral, intelligent vernetzt

Das Modellprojekt der SmartCity in Harsefeld bietet allen beteiligten Unternehmen sowie Forschungseinrichtungen die Möglichkeit, sozusagen am „lebenden“ Objekt, zu forschen: Wie könnte das Wohnen der Zukunft aussehen? Welche Voraussetzungen müssen – auch was Behördenvorgänge und Genehmigungsverfahren angeht – geschaffen werden, damit diese Art des nachhaltigen Bauens und der Siedlungsplanung uns auch in Großstädten und mit anderen Wohnmodellen wie flächeneffizientem Wohnungsbau gelingt? Wir benötigen Lösungen für nachhaltiges, smartes Bauen auf kleinstem Raum, dass den Anforderungen an ein gesundes und qualitatives Leben gerecht wird. Zugleich müssen Gebäude und Systeme stärker untereinander vernetzt werden, sodass energieeffiziente Synergien gebildet werden können und uns unabhängig von endlichen Ressourcen machen. Hausbau, Lebensqualität, Nachhaltigkeit und Klimaschutz müssen dabei Hand in Hand gehen. So kann auch der Wohnungs- und Hausbau der Zukunft in Form einer Smart City ein wichtiger Pfeiler im Umgang mit sinkenden Ressourcen und der Veränderung der Klima- und Wetterbedingungen werden.

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