Geschäfte, Sport, Freizeit

Merkel und Ministerpräsidenten beschließen weitreichende Lockerungen

Die drastischen Kontaktbeschränkungen werden nur leicht gelockert. Dagegen dürfen alle Geschäfte wieder öffnen und auch Sport an freier Luft soll wieder überall erlaubt sein.

Angela Merkel Markus Soeder und Peter Tschentscher bei Corona-Pressekonferenz
Foto: Picture Alliance, Foto: picture alliance / REUTERS

Die wichtigsten Stichwort der neusten Corona-Beschlüsse von Bund und Ländern sind "Wiedereröffnung" und "Notbremse". Viele Bereiche des öffentlichen Lebens dürfen laut der neusten Corona-Lockerungen wieder oder weiter öffnen. Gleichzeitig beschließen Merkel und die Ministerpräsidenten am Mittwoch (06.05.) aber eine Art Notbremse für die Öffnungen, falls die Infiziertenzahlen wieder stark steigen sollten. Doch Merkel mahnt auch: "Wir müssen darauf aufpassen, dass uns die Sache nicht entgleitet." Die Zahlen seien zwar "sehr erfreulich", allerdings habe man erst die allererste Phase der Pandemie hinter sich. Man stehen noch vor einer langen Auseinandersetzung mit dem Virus.

Alle Geschäfte dürfen wieder öffnen

Alle Geschäfte in Deutschland sollen unter Auflagen wieder öffnen dürfen. Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder verständigten sich darauf, die bisherige Öffnungsbeschränkung auf eine Verkaufsfläche von 800 Quadratmetern aufzuheben. Nun soll es Vorgaben geben zur maximalen Zahl von Kunden und Personal bezogen auf die Verkaufsfläche. Dies soll dazu dienen, die Ansteckungsgefahr in den Geschäften zu verringern. Die Vorgaben zielen außerdem darauf, den Publikumsverkehr im öffentlichen Raum sowie im öffentlichen Nahverkehr zu begrenzen. In den Geschäften soll es außerdem Auflagen geben zur Hygiene. Der Zutritt soll gesteuert, Warteschlangen sollen vermieden werden.

Kontaktbeschränkungen werden gelockert

Die Kontaktbeschränkungen für die Bürger im öffentlichen Raum zur Eindämmung des Coronavirus ist grundsätzlich bis 5. Juni verlängert. Allerdings einigten sich Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder bei ihrer Schalte am Mittwoch (06.05.) auf eine Lockerung. So sollen sich künftig auch Angehörige von zwei Haushalten treffen dürfen. Angesichts der niedrigen Infektionszahlen soll der Aufenthalt im öffentlichen Raum nun nicht nur allein mit den Angehörigen des eigenen Hausstandes oder einer weiteren Person, sondern auch mit den Personen eines weiteren Hausstandes gestattet sein, wie es hieß. Also etwa zwei Familien, zwei Paare oder die Mitglieder aus zwei Wohngemeinschaften. Dies soll durch eine Maskenpflicht in bestimmten öffentlichen Bereichen ergänzt werden. Generell gilt auch die Vorgabe, mindestens einen Abstand von 1,50 Metern zu anderen Menschen zu halten.

Sport und Training wieder erlaubt

Zudem wollen Bund und Länder den Trainingsbetrieb im Breiten- und Freizeitsport unter freiem Himmel wieder erlauben. Nach Wochen des Stillstands durch die Corona-Pandemie darf sportartenspezifisch nach bestimmten, coronabedingten Regeln trainiert werden. Als Bedingungen für den Neustart im Breitensport werden unter anderem genannt, dass eine ausreichende Distanz von 1,5 bis 2 Metern gewährleistet und der Sport kontaktfrei ausgeübt wird. Außerdem müssen Hygiene- und Desinfektionsmaßnahmen, insbesondere bei der gemeinsamen Nutzung von Sportgeräten, eingehalten werden. Für Mannschaftssportarten beginnt die Wiederaufnahme des Trainings zunächst mit Individualtraining.

Besuchsbeschränkungen in Pflege- und Altenheimen werden gelockert

Die weitgehenden Besuchsbeschränkungen für Kliniken, Pflegeheime und Behinderteneinrichtungen in der Corona-Krise sollen bundesweit begrenzt gelockert werden. Angesichts insgesamt niedriger Infektionszahlen soll demnach in Schutzkonzepte der Einrichtungen und Verfügungen der Länder eine Regelung aufgenommen werden, wonach jedem Patienten oder Bewohner wiederkehrender Besuch durch eine definierte Person ermöglicht wird. Voraussetzung ist, dass es aktuell "kein aktives Infektionsgeschehen" der Corona-Epidemie in der jeweiligen Einrichtung gibt. Die meist älteren und chronisch kranken Bewohner etwa in Pflegeheimen gehören zur Risikogruppe für schwere Verläufe der Covid-19-Erkrankung.

Schüler und Kita-Kinder noch vor den Sommerferien zurück

Jeder Schüler und jedes Vorschulkind soll vor dem Dommer möglichst noch mindestens einmal in die Schule oder in die Kita gehen. "Die Einzelheiten regeln die Länder", heißt es in einem gemeinsamen Beschluss. Vereinbart wurde, dass die Notbetreuung in den Kitas spätestens ab dem 11. Mai überall ausgeweitet werden soll. In einigen Ländern ist das bereits passiert. Auch weitergehende Kita-Öffnungspläne haben mehrere Länder schon bekanntgegeben. Mit Blick auf die Schulen folgen Merkel und die Länderchefs der Empfehlung der Bildungsminister der Länder. Die bereits erfolgte Wiederaufnahme des Unterrichts solle in weiteren Schritten in der Zuständigkeit der Länder fortgesetzt werden. Die Bildungsminister hatten empfohlen, dass jeder Schüler bis zu den Sommerferien zumindest zeitweise wieder in die Schule gehen soll. Die Länder haben dafür schon eigene Konzepte aufgestellt oder arbeiten daran. So gibt es spezielle Hygienepläne für die Schulen und Schichtmodelle: Klassen werden geteilt und wechseln sich mit Schulbesuch und Fernunterricht zu Hause ab.

Bundesliga startet ab Mitte Mai

Außerdem haben Bund und Länder die Erlaubnis für eine Wiederaufnahme von Spielen ohne Zuschauer in der Fußball-Bundesliga ab der zweiten Mai-Hälfte erteilt. Damit erhält die Deutsche Fußball Liga als Dachorganisation der 36 Proficlubs der 1. und 2. Liga die lange erhoffte Genehmigung für Geisterspiele. Womöglich könnte ab dem Wochenende am 16. und 17. Mai wieder der Ball in den Stadien rollen. Die Bundesliga-Saison ist seit Mitte März ausgesetzt, neun Spieltage sind noch zu absolvieren. Die DFL strebt an, diese bis zum 30. Juni durchziehen zu können. Sie hatte von ihrer "Task Force Sportmedizin/Sonderspielbetrieb" ein umfassendes Hygiene- und Sicherheitskonzept vorgelegt, um die Ansteckungsgefahr unter Spielern und Betreuern zu minimieren. Kern der Terminfrage ist eine vorgesehene vorgeschaltete Quarantäne der Mannschaften. In der Beschlussvorlage des Bundes hieß es am Mittwochmorgen: "Dem Beginn des Spielbetriebs muss, wie in dem geprüften Konzept vorgesehen, eine Quarantänemaßnahme, gegebenenfalls in Form eines Trainingslagers, vorweggehen." Die Profifußballer sind bei ihren Clubs weitgehend streng isoliert, aber noch nicht komplett in Quarantäne.

Gastronomie und Tourismus bleiben Ländersache

Die Bundesländer sollen über eine schrittweise Öffnung der Gastronomie in der Corona-Krise entscheiden. Die Länder sollten in eigener Verantwortung vorgehen - vor dem Hintergrund des jeweiligen Infektionsgeschehens sowie landesspezifischer Besonderheiten. Dies gilt auch für Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen. Grundlage sollen gemeinsame Hygiene- und Abstandskonzepte der jeweiligen Fachministerkonferenzen sein. Die Länder sollen laut Beschlusspapier in eigener Verantwortung auch über die schrittweise Öffnung in anderen Bereichen entscheiden. Dazu gehören der Vorlesungsbetrieb an Hochschulen, die Öffnung von Musikschulen, Bars, Clubs und Diskotheken, Messen, Fahrschulen, Kosmetikstudios - sowie Schwimmbädern, Fitnessstudios. Ferner zählen dazu "kleinere öffentliche oder private Veranstaltungen oder Feiern sowie Veranstaltungen ohne Festcharakter". Es gilt auch für Theater, Opern, Konzerthäuser und Kinos. Wirtschaftsminister der Länder hatten am Dienstagabend empfohlen, dass es unter Auflagen in einem Korridor vom 9. bis 22. Mai eine bundesweite kontrollierte Öffnung des Gastgewerbes gibt. Für Hotels und Pensionen wird demnach eine Öffnung bis Ende Mai angepeilt. Voraussetzung für die Öffnung sei die strikte Einhaltung von Hygienevorschriften, Abstandsregeln sowie die Vorlage eines Plans zum Schutz der Beschäftigten.

Notbremse für Infektionsgeschehen

Mit den nun beschlossenen Coronalockerungen sollen die einzelnen Bundesländer wieder deutlich mehr Eigenständigkeit im Kampf gegen die Coronapandemie bekommen. Dies sei notwendig, da das Infektionsgeschehen in den einzelnen Bundesländern inzwischen nicht mehr einheitlich seien und einige Länder somit deutlich früher und stärker öffnen dürften als andere. Wenn es regional allerdings zu viele neue Infektionen gibt, sollen die Regeln dort aber wieder strenger werden. Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie sollen also angesichts der regional unterschiedlich hohen Infektionszahlen künftig wieder stärker vor Ort getroffen werden. Dabei sollen die Länder aber auch eventuell wieder nötige Verschärfungen garantieren. Sie sollen sicherstellen, dass in Landkreisen oder kreisfreien Städten mit mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in sieben Tagen sofort wieder konsequente Beschränkungen umgesetzt werden. Wie die neuen Auflagen konkret aussehen, entscheiden allerdings die Länder selbst.

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