03. April 2024 – Isabell Wüppenhorst
Sicherheit am Hauptbahnhof
Alkoholkonsum am Hamburger Hauptbahnhof verboten - aber nicht überall
Hamburgs Hauptbahnhof zieht viele Obdachlose und Alkoholkranke an. Reisende fühlen sich oft unwohl. Der Senat hat nun eine Verordnung erlassen, wonach Bier, Wein und Co. vor dem Bahnhof tabu sind.
Hauptbahnhof Hamburg I Foto: Mediaserver Hamburg / Jörg Modrow
03.04.2024
Jetzt anhören: Alkoholverbot am Hamburger Hauptbahnhof
Wer am Hamburger Hauptbahnhof einen Schluck Bier oder Schnaps trinkt, riskiert jetzt ein Bußgeld. Seit Dienstag dürfen alkoholische Getränke auf dem Heidi-Kabel- und dem Hachmannplatz weder mitgeführt noch konsumiert werden. Das Verbot gilt auch auf einem schmalen Streifen an der Südseite des Gebäudes am Steintordamm. Der Senat veröffentlichte eine entsprechende Verordnung. Innensenator Andy Grote (SPD) und Polizeipräsident Falk Schnabel enthüllten Verbotsschilder. Bei einem erstmaligen Verstoß soll ein Bußgeld von 40 Euro fällig werden, bei wiederholtem Alkoholgenuss im Verbotsbereich droht eine 200-Euro-Buße. Auf der West- und Nordseite, also dem zur City gewandten Bereich, darf allerdings weiter Alkohol getrunken werden, wie Grote erläuterte.
Dosen und Flaschen zum sofortigen Verzehr sind verboten
Die Deutsche Bahn schloss sich der Maßnahme an und untersagte den Konsum auch im Bahnhof selbst. Bislang galt dort nur auf bestimmten Gleisen ein Verbot. Ausgenommen von der Neuregelung ist die Gastronomie im Bahnhofsgebäude. Erlaubt ist auch weiterhin, seinen Einkauf von Bier oder Wein in der Bahn zu transportieren. Nur Dosen oder Flaschen zum sofortigen Verzehr dürfen nicht mitgenommen werden, wie Grote sagte.
Erheblicher Anteil der Straftaten unter Alkoholeinfluss verübt
Der Senator begründete das Verbot mit der Beobachtung, dass ein erheblicher Anteil der Straftaten am Hauptbahnhof unter Alkoholeinfluss verübt werde. Das Alkoholverbot sei nach der Gründung der Sicherheitsallianz zwischen Landes- und Bundespolizei sowie der Hochbahnwache und der DB-Sicherheit vor einem Jahr ein weiterer Schritt zur Verbesserung der Sicherheit und Ordnung. Der Hauptbahnhof wird täglich von mehr als 500.000 Reisenden frequentiert, ist zugleich aber ein Brennpunkt der Kriminalität und Treffpunkt von Trinkern und Obdachlosen. Unweit des Bahnhofs liegt die Drogeneinrichtung Drob Inn, wo harte Drogen legal konsumiert werden.
Hilfsangebot für Alkoholkranke und Drogensüchtige soll verstärkt werden
Neben dem Alkoholverbot will der Senat auch die Hilfsangebote für Alkoholkranke und Drogensüchtige verstärken. Am Dienstag nahm eine neue Koordinierungsstelle ihre Arbeit auf, wie die Sozialbehörde mitteilte. Außerdem soll Ordnungspersonal unterwegs sein. Sogenannte Sozialraumläufer sollen Hilfsbedürftige ansprechen. Nach den Worten von Grote überlegt die Sozialbehörde auch, ob in einigen Räumen der Hilfseinrichtungen das Trinken von Alkohol erlaubt werden könne. "Das ist die Idee, dass man auch im Hauptbahnhof-Umfeld in den Einrichtungen Räume identifiziert, wo man sagt, hier kann Alkoholkonsum akzeptiert werden", sagte Grote. Im vergangenen Jahr hatte die Grünen-Fraktion vorgeschlagen, "Trinkerräume" am Hauptbahnhof einzurichten.
"Allianz sicherer Hauptbahnhof"
Die Vertreter der "Allianz sicherer Hauptbahnhof" zogen eine positive Bilanz ihrer Arbeit. Die gemeinsamen Streifen von Bundes- und Landespolizei sowie Hochbahn-Wache und DB-Sicherheit - auch Quattro-Streifen genannt - seien ein Erfolgsmodell und bundesweit einmalig, sagte Schnabel. Seit der Einführung eines Waffenverbots am 1. Oktober seien bei Schwerpunkteinsätzen 230 Messer und 95 sonstige Gegenstände wie Reizgas, Teleskop-Schlagstöcke und Gasdruckpistolen sichergestellt worden. In den nächsten Monaten soll die Videoüberwachung ausgebaut werden. Nach Angaben von Grote laufen bereits die Erdarbeiten für zehn Masten, an die im Juni 27 zusätzliche Kameras montiert werden sollen.
Sonderdezernate soll unter anderem bei Bedrohung, Nötigung oder Körperverletzung ermitteln
Die Hamburger Staatsanwaltschaft ist zunächst für ein Jahr neuer Partner der Sicherheitsallianz. Im Sommer sollen mehrere Sonderdezernate die Arbeit aufnehmen, wie Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich sagte. Ziel sei besonders die Verfolgung von Mehrfach- und Intensivstraftätern. Zum Aufgabenbereich der Sonderdezernenten zählten Bedrohungen, Nötigungen, Körperverletzungen, Widerstandshandlungen, Diebstähle und Verstöße gegen das Waffengesetz. Verstöße gegen das Alkoholverbot spielen für die Justiz keine Rolle, da es sich um Ordnungswidrigkeiten handelt.
"Hamburgs Hauptbahnhof ist der gefährlichste Bahnhof in Deutschland"
Die Opposition in der Bürgerschaft kritisierte das Vorgehen des Senats grundsätzlich. "Hamburgs Hauptbahnhof ist der gefährlichste Bahnhof in Deutschland und dafür trägt der Senat aus SPD und Grünen die Verantwortung", sagte CDU-Fraktionschef Dennis Thering. Die jahrelangen Missstände der rot-grünen Innenpolitik müssten jetzt mit viel Aufwand aufgearbeitet werden.
Die Linksfraktion sprach von Symbolpolitik und Populismus. "Waffenverbotszone, mehr Videoüberwachung, mehr Polizeipräsenz, Bettelverbot und nun auch noch ein Alkoholkonsumverbot - dabei gibt es keinerlei seriöse Erkenntnis über den konkreten Zusammenhang von Alkoholkonsum und der Begehung von Straftaten", erklärte die sozialpolitische Sprecherin der Linken, Olga Fritzsche.
Oppositionen kritisieren das Vorgehen des Senats
Nach Ansicht der AfD-Fraktion ist das Alkoholverbot "ein stumpfes Schwert". Fraktionschef Dirk Nockemann sagte: "Es braucht ein hartes Vorgehen gegen die Dealer- und Drogenszene. Vor allem die zunehmende Ausländerkriminalität muss effektiv bekämpft werden." Die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein meinte: "Es mutet geradezu grotesk an, wenn sich der Innensenator und weitere Akteure in und um den Hauptbahnhof mit der Botschaft vor die Öffentlichkeit stellen: Wir haben endlich begonnen, unseren Job zu machen."
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(Quelle: dpa/lno)