13. Januar 2025 – Chiara-Lee Haartje

Nachfolger von "Remigration"

"Biodeutsch" ist das Unwort des Jahres 2024

Das Unwort des Jahres 2024 lautet „Biodeutsch“. Der Begriff spaltet die Gesellschaft, da er Menschen ohne Migrationshintergrund von anderen abgrenzt und Identität auf Herkunft reduziert. Die Jury möchte mit der Wahl auf die problematischen Folgen solcher Begriffe in Debatten über Integration und Vielfalt hinweisen.

Buchstaben, Unwort des Jahres, Letter
Foto: Pixabey / Pexels

Die Jury der „Sprachkritischen Aktion Unwort des Jahres“ hat das Wort „Biodeutsch“ zum Unwort des Jahres 2024 gekürt. Mit dieser Wahl möchte sie auf die gesellschaftliche Spaltung und die problematische Verwendung von Sprache im Kontext von Identität und Zugehörigkeit aufmerksam machen.

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13.01.2025
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Herkunft und Bedeutung des Begriffs

Der Begriff „Biodeutsch“ hat sich in den letzten Jahren als ironische oder kritische Bezeichnung etabliert, um Menschen ohne Migrationshintergrund zu beschreiben. Ursprünglich sollte er scherzhaft darauf hinweisen, dass der Begriff „deutsch“ nicht mehr selbstverständlich allein durch Geburtsort oder Staatsbürgerschaft definiert wird. Vielmehr unterstreicht er, dass in Debatten über Zugehörigkeit oft unausgesprochene Kriterien wie „Herkunft“ und „Abstammung“ eine Rolle spielen.

Warum ist „Biodeutsch“ problematisch?

Die Jury begründet ihre Wahl damit, dass der Begriff „Biodeutsch“ eine unnötige Zweiteilung zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund fördert. Er suggeriert, dass es eine ursprüngliche, „rein deutsche“ Identität gibt, was sowohl historisch als auch kulturell unhaltbar ist. Deutschland war schon immer ein Land vielfältiger Einflüsse und Kulturen.

Zudem wird der Begriff häufig verwendet, um Menschen auszugrenzen oder zu stigmatisieren, unabhängig davon, ob dies mit Absicht geschieht. Gerade in politischen und gesellschaftlichen Diskussionen über Integration, Migration und Diversität wird „Biodeutsch“ oft als Gegenpol zu Begriffen wie „Migrant*in“ oder „Person mit Migrationshintergrund“ gestellt, wodurch eine Dichotomie entsteht, die dem Konzept einer offenen Gesellschaft widerspricht.

Die Reaktionen auf die Wahl

Die Wahl von „Biodeutsch“ hat ein breites Spektrum an Reaktionen ausgelöst. Während Sprachwissenschaftler und Aktivisten die Entscheidung begrüßen und als wichtiges Signal gegen Diskriminierung deuten, sehen andere die Wahl kritisch. Einige argumentieren, dass der Begriff nur die Realität beschreibe oder ironisch gemeint sei und daher nicht in diese Kategorie gehöre.

Kritiker der Wahl werfen der Jury zudem vor, dass sie die Meinungsfreiheit einschränke, indem sie die Verwendung eines Ausdrucks als problematisch brandmarke. Die Jury betont jedoch, dass es nicht um ein Verbot gehe, sondern darum, die gesellschaftlichen Auswirkungen von Sprache zu reflektieren.

Sprache als Spiegel der Gesellschaft

Die Diskussion um „Biodeutsch“ zeigt, wie Sprache gesellschaftliche Strukturen und Machtverhältnisse widerspiegelt. Begriffe wie dieser sind nicht nur neutrale Bezeichnungen, sondern tragen Bedeutungsebenen, die auf ungleiche Machtverhältnisse und soziale Spannungen hinweisen. Die Wahl soll dazu anregen, über Sprache als Mittel der Inklusion oder Exklusion nachzudenken.

Die Wahl des Unworts des Jahres 2024 erinnert uns daran, wie wichtig es ist, Sprache bewusst und sensibel einzusetzen. Begriffe wie „Biodeutsch“ können, selbst wenn sie humorvoll gemeint sind, tiefere gesellschaftliche Probleme und Ausgrenzungen verdeutlichen. Eine reflektierte Auseinandersetzung mit solchen Begriffen ist ein wichtiger Schritt hin zu einer inklusiveren Gesellschaft, in der Identität nicht durch Schlagworte, sondern durch individuelle Vielfalt definiert wird.

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(Quelle: dpa)

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