20. Oktober 2022 – Stefan Angele

Studie der Bertelsmann Stiftung

Im Norden fehlen viele Kitaplätze

Kita Kinder und Lehrerin spielen zusammen an Tisch
Foto: Lordn, Shutterstock

In Hamburg fehlen im kommenden Jahr laut einer Studie rund 3.700 Kita-Plätze. Trotz des massiven Ausbaus in den vergangenen Jahren gebe es nicht ausreichend viele Plätze, um den Betreuungsbedarf der Eltern zu erfüllen, heißt es im am Donnerstag (20.10.) veröffentlichten "Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme" der Bertelsmann Stiftung. Damit lasse sich der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz auch 2023 nicht für jedes Kind erfüllen.

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20.10.2022
Hier anhören: Nachrichtenchef Rainer Hirsch über die fehlenden Kitaplätze im Norden
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1.000 Fachkräfte fehlen allein in Hamburg

Um dem Bedarf gerecht zu werden, müssten 1.000 weitere Fachkräfte eingestellt werden. Die Kosten dafür würden der Studie zufolge rund 44 Millionen Euro pro Jahr betragen. Hinzu kämen laufende Ausgaben für Betrieb und mögliche Baukosten. Bei ihren Berechnungen hatte die Bertelsmann Stiftung eigenen Angaben zufolge die Betreuungsquoten der Kita-Kinder in Hamburg im Jahr 2021 mit dem Anteil der Eltern abgeglichen, die im selben Jahr in der Kinderbetreuungsstudie des Deutschen Jugendinstituts (DJI) einen Betreuungsbedarf äußerten.

Vor allem für Kinder unter 3 fehlen Plätze

Besonders groß ist demnach der zusätzliche Bedarf bei der Betreuung von Kindern unter drei Jahren. In dieser Altersgruppe würden in Hamburg 47 Prozent der Kinder in Kitas betreut. 53 Prozent sollten es laut Bedarfsanalyse aber sein. Allein um diese Lücke zu schließen sind laut Studie 3.200 neue Plätze nötig; für Kinder ab drei Jahren fehlen demnach weitere 500 Plätze.

Zu viele Kinder und zu wenig Personal

Zudem wird in der Studie bemängelt, dass 69 Prozent der Hamburger Kita-Kinder in Gruppen betreut würden, deren Personalschlüssel nicht den wissenschaftlichen Empfehlungen entspreche. So liege der Personalschlüssel in den Krippen bei 1 zu 4,1 - eine vollzeitbeschäftigte Fachkraft betreut rechnerisch 4,1 Kinder. Bundesweit liege der Schlüssel bei 1 zu 3,9. Empfohlen wird von der Bertelsmann Stiftung ein Schlüssel von 1 zu 3. Würde man dieser Empfehlung im kommenden Jahr nachkommen wollen, müssten insgesamt rund 6.200 Fachkräfte zusätzlich beschäftigt werden, was Personalkosten von über 271 Millionen Euro jährlich zur Folge hätte.

Fachkräftemangel verschärft Problem

Eine Ausweitung des Kita-Angebots sei derzeit aber schwierig. "Die größte Hürde auf dem Weg zu genügend Plätzen sowie kindgerechten Personalschlüsseln in den Kitas bleibt der Fachkräftemangel", erklärte Kathrin Bock-Famulla, Expertin für frühkindliche Bildung der Bertelsmann Stiftung. "Schon das fehlende Personal für den notwendigen Platzausbau ist bis 2023 nicht zu gewinnen und zu qualifizieren."

Problem in Niedersachsen ähnlich

Nicht anders sieht es in Niedersachsen aus. In niedersächsischen Kitas müssten laut der Studie im kommenden Jahr 12.000 Fachkräfte eingestellt werden, um den Betreuungsbedarf zu decken. Gemessen am Bedarf fehlen für 2023 voraussichtlich bis zu 45.500 Kita-Plätze. Im Ergebnis kommen die Autoren zu dem Schluss, dass bei einer Umsetzung der geforderten Zahlen zusätzliche Personalkosten von mehr als 543 Millionen Euro jährlich entstünden. Betriebs- und mögliche Baukosten für neue Kita-Plätze kämen dabei noch hinzu. Niedersachsen könne den gesetzlichen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz bis 2023 nicht für jedes Kind, dessen Eltern einen Bedarf haben, einlösen. Das nennen die Experten in doppelter Hinsicht untragbar. "Die Eltern werden bei der Betreuung ihrer Kinder nicht unterstützt, während Kindern ihr Recht auf professionelle Begleitung in ihrer frühen Bildung vorenthalten wird", sagte Bock-Famulla.

Auch Schleswig-Holstein vor Problemen

Auch in Schleswig-Holstein werden im nächsten Jahr nach Berechnungen der Bertelsmann Stiftung bis zu 18.000 Kita-Plätze fehlen, um den Betreuungsbedarf der Eltern zu erfüllen. Um deren Nachfrage zu decken, müssten demnach - theoretisch - zusätzlich 4.500 weitere Fachkräfte eingestellt werden. Dies würde jährlich Mehrkosten beim Personal von rund 210 Millionen Euro verursachen. Betriebs- und mögliche Baukosten für die neuen Kita-Plätze kämen hinzu. Der Ausbaubedarf sei abhängig von den Altersgruppen unterschiedlich, hieß es. So liege die Quote der betreuten Kinder unter drei Jahren mit 35 Prozent deutlich unter dem Betreuungsbedarf von 51 Prozent. Um diese Lücke zu schließen, würden zusätzlich 11.000 Kita-Plätze benötigt. Bei Kindern ab drei Jahren sei die Lücke mit 8 Prozentpunkten geringer. Hier fehlten damit 7.100 Plätze. Die Zahlen belegten, dass Schleswig-Holstein den bundesgesetzlich verankerten Rechtsanspruch auf einen Platz in der Kindertagesbetreuung auch bis 2023 nicht für jedes Kind mit Betreuungsbedarf der Eltern einlösen könne, hieß es.

Obwohl der Norden im Bundesvergleich in diesem Punkt relativ gut abschneide, würden immer noch 56 Prozent der Kita-Kinder in Gruppen betreut, deren Personalschlüssel nicht den wissenschaftlichen Empfehlungen entsprechen, analysierte die Stiftung. Um 2023 ausreichend Kita-Plätze mit kindgerecht viel Personal zu haben, müssten rund 9.000 Fachkräfte zusätzlich beschäftigt werden. Das entspräche Personalkosten von über 407 Millionen Euro jährlich. Auch im nächsten Jahr würden viele Familien Schwierigkeiten bei der Betreuung ihrer Kinder haben, resümierte Bock-Famulla. "Schon das fehlende Personal für den notwendigen Platzausbau ist bis 2023 nicht zu gewinnen und zu qualifizieren." Nur durch eine Kombination von Maßnahmen könne es gelingen, die Lücke an Fachkräften Schritt für Schritt zu verringern. Eltern sollten durch familienpolitische Maßnahmen unterstützt werden, wenn sie aufgrund fehlender Kita-Plätze finanzielle oder berufliche Probleme bekommen. Kurzfristig müsste in den Kitas die Überlastung des Personals verringert werden, etwa mit zusätzlichen Mitarbeiterinnen in Hauswirtschaft und Verwaltung.

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