29. Januar 2025 – Isabell Wüppenhorst
Wie es aussieht, können die Hamburgerinnen und Hamburger im Herbst bei einem Volksentscheid über eine Verschärfung der Klimaziele abstimmen. In der Bürgerschaft sieht man die Pläne eher skeptisch.
Auch nach dem erfolgreichen Volksbegehren der Initiative "Hamburger Zukunftsentscheid" zeichnet sich in der Bürgerschaft keine Mehrheit für ein Vorziehen des Klimaneutralitätsziels der Hansestadt ab. Lediglich Grüne und Linke signalisierten im Umweltausschuss Unterstützung für den Gesetzentwurf der Initiative, die die Klimaneutralität schon 2040 erreichen will - fünf Jahre früher als vom rot-grünen Senat geplant. SPD und CDU zeigten sich skeptisch bis ablehnend.
Sollte sich nach der Bürgerschaftswahl am 2. März nichts Grundlegendes an den Mehrheitsverhältnissen ändern und auch die neue Bürgerschaft den Gesetzentwurf nicht annehmen, wollen die Initiatoren im Herbst bei einem Volksentscheid die Hamburgerinnen und Hamburger darüber abstimmen lassen.
Zukunftsentscheid sammelte über 106.000 Unterschriften
Das Bündnis um die Umweltorganisation Fridays vor Future, das auch vom Umweltverband Nabu, der Gewerkschaft Verdi und dem Mieterverein Hamburg unterstützt wird, hatte dem Senat im Oktober mehr als 106.000 Unterschriften für die Forderung nach schärferen Klimaschutzmaßnahmen übergeben.
Für das Erreichen der Klimaneutralität sollen nach dem Willen der Initiative unter anderem jährliche Obergrenzen für den CO2-Ausstoß festgelegt und durch ein regelmäßiges Monitoring überprüft werden. Konkrete Ziele für einzelne Sektoren enthält der Entwurf aber nicht. Diese sollen in der Bürgerschaft entschieden und im Klimaplan der Stadt verankert werden. Alle Maßnahmen sollen zudem sozialverträglich abgefedert werden.
Initiatoren werben für ihren Gesetzentwurf
Bei der abendlichen Ausschusssitzung warben die Initiatoren erneut für ihre Pläne. Die große Zahl an Unterschriften machte deutlich, "dass Hamburg echten Klimaschutz will", sagte Lou Töllner von Fridays for Future, eine der Vertrauenspersonen der Initiative. Luise Voß verwies darauf, dass sich auch viele Unternehmen bereits auf eine Produktion ohne fossile Energien einstellten. Durch die zögerliche Haltung des Senats werde die Innovationsgeschwindigkeit ausgebremst, warnte sie.
Extreme Energiepreissteigerungen wie nach dem russischen Angriff auf die Ukraine seien angesichts der Weltlage auch in Zukunft jederzeit möglich, sagte Paul Mann vom Mieterverein. «Deshalb halten wir es für dringend erforderlich, dass der Gebäudebestand besser heute als morgen energetisch ertüchtigt wird.» An den Kosten müssten sich die Gebäudeeigentümer jedoch beteiligen und soziale Härten vom Staat abgefedert werden.
Mehrheit im Ausschuss skeptisch
Die Grünen hätten der Initiative bereits ihre "grundsätzliche Unterstützung und Zustimmung zum Ausdruck gebracht", sagte Rosa Domm, klimapolitische Sprecherin der Fraktion. Sorgen bereite ihr hingegen, dass die weltpolitische Lage und das Erstarken rechter Kräfte den Klimaschutz derzeit in den Hintergrund treten ließen.
Der Umweltexperte der Linken, Stephan Jersch, gratulierte den Hamburgerinnen und Hamburgern, die beim Volksbegehen unterschrieben haben «für ein Ziel, das ganz dringend notwendig ist». Die Forderungen seien plausibel nachvollziehbar. Lobend hob er hervor, dass in dem Gesetzentwurf die Sozialverträglichkeit der Klimaschutzmaßnahmen festgeschrieben ist.
Deutlich zurückhaltender äußerte sich der klimapolitische Sprecher der SPD, Alexander Mohrenberg. Im Vordergrund müsse stehen, dass die Ziele erreichbar und für die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar seien. Es gehe nicht darum, unbedingt an einer Jahreszahl festzuhalten. Aber: "2045 ist erreichbar - und jetzt müssen wir gucken, was vielleicht künftig noch möglich ist."
Initiatoren zeigen sich für Volksentscheid siegessicher
Dem Klimaschutz bringe es nichts, "Ziele kleinteilig auf engstem Raum zu definieren", sagte der CDU-Umweltexperte Stephan Gamm. "Man muss einen Rahmen definieren, in dem es auch eine Freiheit gibt, zu entscheiden." Es stelle sich auch die Frage, was passiere, wenn die jährlichen Ziele nicht erreicht würden. "Klagen sie dann gegen die Stadt?", fragte er die Initiatoren und konstatierte: "Sie drücken sich um die Frage, wie das erreicht werden soll." Sie erwarte, dass die "konstruktiven Gespräche" fortgesetzt werden, sagte Annika Rittmann von Fridays for Future. Sollte es aber zur Volksabstimmung kommen, sei sie überzeugt, "dass wir das gewinnen können".