08. November 2023 – Isabell Wüppenhorst
Hamburg kommt besser durch die Rezession als die Bundesrepublik insgesamt. Die Steuereinnahmen der Hansestadt steigen stärker als erwartet. Finanzsenator Dressel sieht dennoch wenig Anlass zu Freude.
Trotz höherer Steuerannahmen als zuletzt im Mai prognostiziert sieht Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) düstere Aussichten für die Haushaltsplanung der kommenden Jahre. "Was uns große Sorgen macht, sind Gesetze, die auf Bundesebene noch in der Verhandlung sind", sagte Dressel am Dienstag bei der Präsentation der jüngsten Steuerschätzung für die Hansestadt. Die allgemeine Kostenexplosion sowie absehbar hohe Tarifsteigerungen für den öffentlichen Dienst schmälern laut Dressel zusätzlich die Spielräume. "Wir müssen aktuell nichts hektisch ändern", sagte der Senator mit Blick auf die Budgets für 2023 und 2024. Mit Blick auf 2025 und 2026 gestalte sich die Lage aber schwieriger als bisher angenommen. "Für neue Ausgabenwünsche ist kein Raum."
Finanzieller Spielraum der Stadt steigt nur auf den ersten Blick
Im laufenden Jahr sollen nach Berechnungen der Finanzbehörde 464 Millionen Euro mehr Steuern eingenommen werden als erwartet, im kommenden Jahr 189 Millionen Euro. Für den Zeitraum von 2023 bis 2028 erhöhen sich die erwarteten Steuereinnahmen insgesamt sogar um rund 1,3 Milliarden Euro im Vergleich zur vorigen Steuerschätzung aus dem Mai, wie Dressel bekanntgab.
Damit steigt der finanzielle Spielraum der Hansestadt aber nur auf den ersten Blick. Als größten Belastungsfaktor, der noch nicht in die Schätzung eingeflossen ist, nannte Dressel das geplante Wachstumschancengesetz, mit dem der Bund die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland stärken will, unter anderem mit Investitionsprämien und steuerlichen Entlastungen für Unternehmen. Dies und weitere noch nicht verabschiedete Gesetze belasteten den Hamburger Fiskus nach Dressels Prognose von 2024 bis 2028 um insgesamt 903 Millionen Euro. "Das ist eine Größenordnung, die heftig ist" und bei weitem nicht durch Steuermehreinnahmen ausgeglichen werden könne. Hinzu kämen zweckgebundene zusätzliche Einnahmen aus Zuweisungen des Bundes, über die die Hansestadt nicht frei verfügen kann, wie zum Beispiel "für die Zwecke Kita-Qualität und Flüchtlinge", sagte Dressel. Unter dem Strich bleibe Hamburg damit von den erwarteten 1,3 Milliarden Euro Mehreinnahmen kaum Geld übrig.
Dressel kritisiert jüngste Beschlüsse zur Finanzierung der Flüchtlingsaufnahme
Kritisch ging Dressel in diesem Zusammenhang mit den jüngsten Beschlüssen von Bund und Ländern zur Finanzierung der Flüchtlingsaufnahme ins Gericht. Der Finanzsenator bewertete diese als "nicht wirklich zufriedenstellendes Ergebnis". Sozial-, Innen- und Finanzbehörde seien zwar noch mit der Berechnung der genauen finanziellen Auswirkungen beschäftigt.
Seine Prognose aufgrund einer ersten Einschätzung seiner Behörde sei aber, dass "die gesamten Entlastungswirkungen sich in einem hohen zweistelligen, aber jedenfalls nicht in einem dreistelligen Bereich bewegen", sagte der Finanzsenator. "Aber wir müssen ja sehen, was ist unsere Gesamtkostenbelastung", fügte er hinzu. "Und wenn wir sagen, wir schrammen an der Milliardengrenze dran", dann sei die Entlastungswirkung "immer noch überschaubar, um es vorsichtig auszudrücken".
"Kein Einnahmeproblem, sondern ein massives Ausgabeproblem"
Dressel wertete die Beschlüsse auch als Beispiel für eine schwindende Solidarität zwischen dem Bund auf der einen und den Ländern auf der anderen Seite. Der Kompromiss sei "jedenfalls keine grundsätzliche Trendwende beim Thema, wie die Bund-Länder-Finanzbeziehungen in den nächsten Jahren gestaltet werden können, und zwar konstruktiv". Bei Verhandlungen über kommende Gesetzesvorhaben müsse sich der Bund "dann da auch warm anziehen". Wenn der Bund "sparsam ist bei den Zugeständnissen an die Länder, sind wir es umgekehrt auch".
Kritik kam von der CDU-Opposition in der Bürgerschaft: Der rot-grüne Senat habe "kein Einnahmeproblem, sondern ein massives Ausgabeproblem", sagte deren haushaltspolitischer Sprecher Thilo Kleibauer. Der Finanzsenator müsse "endlich seine Hausaufgaben machen und eine nachhaltige Finanzplanung vorlegen". Es räche sich jetzt, dass der Senat die Ausgaben in vielen Bereichen ständig gesteigert habe, ohne Vorsorge für höhere Zinsen oder Tarifabschlüsse zu treffen. Auch der Bund der Steuerzahler forderte: "Wir erwarten klare Sparanstrengungen."
Weitere News On Air
Weitere Nachrichten aus Hamburg, Deutschland und der Welt hört ihr immer zur vollen Stunde bei uns im Programm. Holt euch einfach unsere kostenlose App, hört uns über euren Smartspeaker oder schaltet mit einem Klick unten auf den Playbutton das Webradio ein. Zum Nachhören gibt's das Ganze natürlich auch noch mal als Podcastangebot.
Foto: Bloomicon / Shutterstock.com
16. November 2021 – Sebastian Tegtmeyer
Für iOS & Android
Holt euch die kostenlose Radio Hamburg App
Hört uns an jedem Ort auf der Welt in bester Qualität & störungsfrei über unsere kostenlose App. Holt sie euch jetzt für Android oder iOS.