09. Juli 2020 – Julia Nagel (deaktiviert am 06.07.2021)
Racial Profiling wird in Deutschland zum Thema. Horst Seehofer findet eine Studie nicht sinnvoll. Dafür erntet er Kritik - auch von der Polizei.
Menschen nur wegen Ihrer Hautfarbe zu kontrollieren, ist offiziell verboten. Die Polizei darf so nicht vorgehen. Dennoch steht der Vorwurf des sogenannten "racial profiling" im Raum. Immer wieder melden sich Betroffene. Eine Studie des Bundesinnenministeriums zu diesen Vorwürfen hätte Klarheit bringen können. Doch die Studie wurde abgesagt. Die Vorwürfe allerdings bleiben. Wie steht es um das "racial profiling" bei der Polizei?
Racial Profiling-Studie kommt für Seehofer nicht in Frage
Bundesinnenminister Horst Seehofer will trotz entsprechender Forderungen von Kabinettskollegen und Verbänden keine Studie zu rassistischen Polizeikontrollen in Auftrag geben. «Jetzt kommt für mich diese Studie nicht infrage», sagte Seehofer vor Beginn einer Videokonferenz der EU-Innenminister. Wir sprechen über die Studie und Rassismusprobleme mit Polizeiforscher Rafael Behr von der Hamburger Polizeiakademie. Dieser bedauert, dass Bundesinnenminister Seehofer keine Studie zum so genannten Racial Profiling durch die deutsche Polizei durchführen lassen will. Die Vorwürfe Betroffener sind ja seit Langem Thema bei uns und haben spätestens nach dem Tod des Schwarzen George Floyd bei einem Polizeieinsatz in den USA neue Dringlichkeit bekommen:
Warum kritisiert Polizeiforscher Behr die Absage?
Es sei eine Chance vertan worden, wirklich hinter die Kulissen zu schauen. Er sehe keine ausgesprochenen rassistischen Strukturen bei der Polizei, aber Fälle rassistischen Handels seien keine Einzelfälle bei der Polizei. Auch Sandra Levgrün, Pressesprecherin der Polizei sagt, dass man nicht ausschließen könne, dass sich einige Kollegen so verhielten. Man tue in der Ausbildung der Polizisten aber viel dafür, um uns dafür zu bewahren.
Wie soll bei den Beamten keine Schablone im Kopf entstehen, wenn sie zum Beispiel regelmäßig schwarze Drogendealer hochnehmen müssen?
Das ist wohl wirklich schwer und erfordert ein hohes Maß an Reflektionsfähigkeit der einzelnen Polizisten. Der Polizeiforscher Rafael Behr sagt dazu, dass wenn man regelmäßig in einem Umfeld mit Dealern tätig ist, kann das auf das eigene Menschenbild abfärben. Das sei aber eher eine sich selbst bestätigende Verdachtschöpfung ist, als ein grundlegend rassistisches, auf der Klassifizierung einzelner Ethnien beruhendes Gedankengut. Behr beteuert, dass das zwar nicht viel besser sei, aber eben nicht rassistisch. Das könne dann aber auch zu einem Social Profiling führen. Laut Behr sind dann viele Jugendliche mit Migrationshintergrund betroffen.