Sabine Ritter und Thomas Iwan ist neues Führungsduo des Hamburger Landesverband der Linkspartei

In einer zeitweise turbulenten Wahl hat der Hamburger Landesverband der Linkspartei Sabine Ritter und Thomas Iwan am Wochenende als neue Landessprecherin beziehungsweise als neuen Landessprecher bestimmt. Eine spontane Bewerbung hatte zuvor für Unruhe gesorgt - hierbei ging es auch um das Geschlecht des beziehungsweise der Kandidatin. Im Bürgerhaus Wilhelmsburg stimmten knapp 71 Prozent der 130 Delegierten für Ritter als Landessprecherin und rund 72 Prozent für Iwan als Landessprecher. Die beiden lösen Zaklin Nastic und Keyvan Taheri ab, die beide nicht erneut zur Wahl angetreten waren.

Ritter setzte sich gegen Gunhild Berdal und Bijan Tavassoli durch

Ritter setzte sich gegen Gunhild Berdal (rund 27 Prozent) und Bijan Tavassoli (weniger als ein Prozent) durch. Tavassoli hatte sich kurz zuvor per E-Mail für den Posten als Landessprecherin beworben. Das eigentlich als Mann bekannte Parteimitglied hatte nach eigenen Angaben dem Bundesverband rechtzeitig mitgeteilt, dass es sich als Frau sehe. In Wilhelmsburg konnte die Partei eine entsprechende Mitteilung nicht finden. Zudem war Tavassoli selbst nicht anwesend, krankheitsbedingt, wie es hieß.

Bei der anschließenden hitzigen Debatte, begleitet von ablehnenden Zwischenrufen, ob Tavassoli kandidieren dürfe, mussten sich Redner und Rednerinnen immer wieder korrigieren, weil sie Tavassoli zunächst als Mann bezeichneten. Schließlich wurde einem Parteimitglied gestattet, die Bewerbungsrede vorzulesen. Diese wurde teilweise mit Gelächter beedacht. Wiederholt wurden die als beleidigend gegen die eigene Partei empfundenen Ausführungen unterbrochen und schließlich der Redner vor Ende der Rede von der Bühne geführt. Ein Mitglied forderte ein Ausschlussverfahren gegen Tavassoli. Nach einer außerplanmäßigen Pause beruhigte sich der Parteitag wieder. Tavassoli erhielt eine Stimme.

Thomas Iwan setzte sich gegen Florian Muhl durch

Thomas Iwan setzte sich gegen Florian Muhl (knapp 26 Prozent) durch. Iwan hatte betont, bei aller Analyse von gesellschaftlichen Problemen sei es auch wichtig, ins Handeln zu kommen, etwa wenn es um die Beseitigung von Armut gehe. Ritter hatte in ihrer Bewerbungsrede gesagt, man könne sich halbherzige Klimapolitik, Patriarchat und Reiche nicht mehr leisten. Linke Ideen müssten in die Mitte der Hamburger Politik rücken. Sie sprach sich für einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr, Straßenbahnverkehr und mehr Wohnungsraum aus und in diesem Zusammenhang im Zweifel auch für Enteignungen. Zuvor hatte der Hamburger Verband einen Leitantrag verabschiedet, in dem er etwa einen Hamburger Mindestlohn von mindestens 15,50 Euro fordert. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf die Ukraine werden in Europa ein militaristischer Aktionismus ausgemacht und steigenden Rüstungsausgaben des Bundes kritisiert.

Verband will eine Fortführung des günstigen 9-Euro-Tickets

Außerdem will der Verband eine Fortführung des günstigen 9-Euro-Tickets und Entlastungen für Menschen mit niedrigen und
mittleren Einkommen etwa in Form eines Klimabonus. Strom- und Gassperren sollten demnach verboten und ein bezahlbares Grundkontingent für Strom und Gas gesetzlich garantiert werden. Weitere Forderungen sind ein Mietendeckel, die Rekommunalisierung von Pflegeheimen und Krankenhäusern und Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in Hamburg. Am Sonntag wurde der Parteitag fortgeführt.

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30. März 2023 – Sebastian Tegtmeyer

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