15. Februar 2023 – Stefan Angele
Verdi mit deutschlandweiten Warnstreiks
Streik am Hamburger Airport am Freitag
Symbolbild I Foto: penofoto / Shutterstock.com
Am Freitag (17.02.) droht wieder ein Flugchaos im Norden und auch im Rest Deutschlands. Die Gewerkschaft verdi weitet im Tarifstreit im öffentlichen Dienst ihre Warnstreiks aus und will unter anderem den Hamburger Flughafen lahmlegen. Außerdem die Airports in Bremen, Hannover, Frankfurt, München, Stuttgart und Dortmund. Das hat die Gewerkschaft vor wenigen Stunden angekündigt. Zehntausende Flugpassagiere werden von dem Streik am Ende wohl betroffen sein und müssen sich auf Ausfälle und Verspätungen gefasst machen.
15.02.2023
Hier anhören: Streik am Hamburger Airport
Hier geht's zum Programm von Radio Hamburg
Radio Hamburg Live Stream
Eure Mega-Hits für die schönste Stadt der Welt und dazu alle wichtigen News aus Hamburg, Deutschland und der Welt hört ihr bei uns im Programm.
24-stündiger Warnstreik angekündigt
Am Hamburger Flughafen sollen ab Donnerstagabend (16.02.) 22 Uhr Mitarbeiter des Flughafenbetriebsgesellschaft, der Passagierabfertigung, an den Sicherheitskontrollen, in der Wartung und die IT-Abteilung streiken. 24 Stunden lang. Da wird voraussichtlich kaum was abheben können. Die Beschäftigten der Betreibergesellschaften werden häufig nach den Tarifverträgen der Kommunen bezahlt. Der Luftverkehr ist wegen der zersplitterten Dienstleister extrem streikanfällig, weil viele kleine, sicherheitsrelevante Gruppen streikmächtig genug sind, den Betrieb lahm zu legen. Im Grunde reicht der Streik der Flughafenfeuerwehr, um den gesamten Betrieb stillzulegen.
Airport reagiert mit Statement
"Gerade erst vor wenigen Tagen gab es mit ver.di eine Tarifeinigung am Hamburger Flughafen: Die Beschäftigten der Bodenverkehrsdienste erhalten künftig durchschnittlich rund 20 Prozent mehr Gehalt – ein großer Sprung, der die Inflation mehr als ausgleicht. Dieselbe Gewerkschaft ver.di bestreikt nun trotzdem den Hamburger Flughafen und sorgt für massive Einschränkungen für Zehntausende Reisende. (...) . Dieser Streik wird zum wiederholten Male und ganz bewusst auf dem Rücken der Hamburger Passagiere ausgetragen – dass das Verständnis aller Unbeteiligten dafür sinkt, können wir gut nachvollziehen. (...) Ein 24-Stunden-Warnstreik in Hamburg ist unserer Ansicht nach vollkommen unangemessen, zumal der Flughafen Hamburg mit seinen rund 800 Beschäftigten einen minimalen Anteil an den bundesweit 2,4 Millionen Beschäftigten nach TVÖD-Vertrag darstellt", sagt Janet Niemeyer, Pressesprecherin am Hamburg Airport. Am Hamburg Airport sind für demnach für Freitag insgesamt rund 253 Flüge (126 Abflüge und 127 Ankünfte) mit rund 32.000 Passagieren geplant. Über die genauen Ausfälle liegen dem Airport aktuell noch keine Daten vor. Daher bittet der Airport alle Reisenden sich online über den Flugstatus zu informieren und bei Bedarf Kontakt mit der gebuchten Airline aufzunehmen.
Forderung nach mehr Lohn
Hilfslieferungen zu den Erdbebenopfern in die Türkei und nach Syrien sollen vom Streik ausgenommen sein. Mit den nun fortgesetzten Warnstreiks wollen die Beschäftigten ihren Forderungen im laufenden Tarifstreit des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen Nachdruck verleihen. Bis zur zweiten Runde der Tarifverhandlungen am 22. und 23. Februar sind weitere Warnstreiks unter anderem in Hessen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen angekündigt. In den laufenden Tarifverhandlungen fordern Verdi und der Beamtenbund dbb 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen. Die Laufzeit des neuen Tarifvertrags soll zwölf Monate betragen. Die Arbeitgeber haben die Forderungen bislang zurückgewiesen.
"Brauchen dringend bessere Arbeitsbedingungen"
Die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Christine Behle sagte, bei den Beschäftigten der Bodenverkehrsdienste herrsche nach wie vor ein katastrophaler Arbeitskräftemangel. Um diese Situation zu ändern, müsse für sie eine attraktive Lohnerhöhung erfolgen. Die Beschäftigten der Luftsicherheit hätten Anspruch auf eine Erhöhung der Zuschläge in den Manteltarifverträgen. Im "Handelsblatt" warnte sie: "Wir brauchen dringend bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten im Luftverkehr, sonst droht der nächste Chaossommer." "Inflation, hohe Energie- und Lebensmittelpreise treiben die meisten Beschäftigten in eine unsichere Situation", sagte Behle laut Verdi-Mitteilung und fügte hinzu: "Viele wissen nicht mehr, wie sie ihre Mieten bezahlen und den Kühlschrank füllen sollen. Sie brauchen deutlich mehr Geld, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten." Das müssten die Arbeitgeber einsehen und dementsprechend reagieren.
Flugverkehr könnte zum Erliegen kommen
Wegen des Streiks ist der Gewerkschaft zufolge mit starken Auswirkungen vor allem im innerdeutschen Flugverkehr zu rechnen - von Verspätungen, über Ausfälle bis hin zum teilweise Erliegen des Luftverkehrs. Behle wies darauf hin, Hilfslieferungen für die Erdbebenopfer in die Türkei und nach Syrien würden nicht bestreikt. Viele Hilfslieferungen würden zudem über das Zentrum für Auslandslogistik des THW in Mainz erfolgen. Der Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbandes ADV, Ralph Beisel, kritisierte den angekündigten Warnstreik scharf. Wenige Tage vor der zweiten Runde der Tarifverhandlungen setze Verdi den deutschen Luftverkehr einer beispiellosen Eskalation aus, sagte er. Wenn am Freitag sieben der größten zehn deutschen Flughäfen ganztägig bestreikt würden, habe dies nichts mehr mit einem Warnstreik zu tun. "In unzumutbarer Weise soll ein ganzes Land vom internationalen Luftverkehr abgeschnitten werden." Die Leidtragenden seien Hunderttausende Passagiere, Privat- wie Geschäftsreisende, zusätzlich Teile der Luftfracht und Warenlogistik.
Letzter großer Warnstreik liegt mehrere Jahre zurück
In der Vergangenheit haben beispielsweise die Kräfte an der Passagierkontrolle, die Piloten, Techniker, Flugbegleiter, Vorfeldlotsen oder das Bodenpersonal gestreikt. Sie werden teilweise von Spartengewerkschaften vertreten. Verdi hat unter anderem über den hier im Streit stehenden Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes, nach dem viele Beschäftigte der Flughafengesellschaften bezahlt werden, Zugriff auf die Fluginfrastruktur. Der bisher letzte große Warnstreik mit ähnlichen Folgen liegt bereits einige Jahre zurück: Im April 2018 mussten deutschlandweit Hunderte Flüge annulliert werden, weil die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten der Kommunen und des Bundes nicht vorankamen. In acht Bundesländern legten daher bei einem Warnstreik Zehntausende Beschäftigte die Arbeit nieder. Neben Flughäfen waren vielerorts auch der städtische Nahverkehr, Kitas, Kliniken, Verwaltungen und Hallenbäder betroffen.
Foto: Bloomicon / Shutterstock.com
Für iOS & Android
Holt euch die kostenlose Radio Hamburg App
Hört uns an jedem Ort auf der Welt in bester Qualität & störungsfrei über unsere kostenlose App. Holt sie euch jetzt für Android oder iOS.
Weitere News On Air
Weitere Nachrichten aus Hamburg, Deutschland und der Welt hört ihr immer zur vollen Stunde bei uns im Programm. Holt euch einfach unsere kostenlose App, hört uns über euren Smartspeaker oder schaltet mit einem Klick unten auf den Playbutton das Webradio ein. Zum Nachhören gibt's das Ganze natürlich auch noch mal als Podcastangebot.