09. März 2025 – Sebastian Tegtmeyer

Keine Flüge

Warnstreik am Airport Hamburg vorgezogen

Nichts geht mehr am Flughafen Hamburg. Dort gibt es überraschend bereits am Wochenende einen Warnstreik - vor der angekündigten bundesweiten Aktion am Montag. Ausgerechnet zum Ferienbeginn.

Airport Hamburg, Streik am Airport Hamburg
Nichts geht mehr am Airport Hamburg I Foto: Picture Alliance

"Gestrichen" steht rot hinter fast jedem Flug auf den Anzeigetafeln am Hamburger Flughafen. Davor ratlose Menschen. Wegen eines überraschenden Warnstreiks liegt der Airport genau zu Beginn der Frühjahrsferien lahm. Nur zehn von geplant 144 Ankünften und 139 Abflügen konnten am Morgen noch stattfinden, wie Flughafensprecherin Katja Bromm berichtet. Alle weiteren Flüge fallen aus, der Flughafen sei geschlossen. Rund 40.000 Passagiere sind laut Bromm betroffen. 

Eigentlich ist ein bundesweiter Warnstreik an 13 deutschen Flughäfen, darunter Hamburg, erst für Montag angekündigt gewesen. In Hamburg begann die Aktion nun bereits einen Tag früher und mit nur 30 Minuten Vorankündigung an den Flughafen durch die Gewerkschaft Verdi. Verdi habe die Flugzeugabfertigungsdienste am Flughafen Hamburg am Sonntag zum sofortigen Streik aufgerufen, heißt es auf den Internetseiten des Flughafens. Auch am Montag ist mit massiven Behinderungen zu rechnen. 

Flughafen "entsetzt" über Verdi

Man sei entsetzt, wie rücksichtslos Verdi vorgehe, sagt Bromm. "Das Verhalten der Gewerkschaft Verdi ist ehrenlos". Die Gewerkschaft lege den Flughafen lahm – und das ohne Ankündigungsfrist genau am Anfang der Hamburger Frühjahrsferien. "Nur in Hamburg beginnen jetzt die Ferien und dennoch wird der Flughafen der Hansestadt heute als einziger bestreikt." 

Damit schadet Verdi vor allem den Menschen, meint Bromm. Es sei unzumutbar, in welcher Frequenz die Gewerkschaft den Hamburger Flughafen mit Streiks überziehe. "Der Streik sollte immer das letzte Mittel der Wahl sein und nicht das erste, bevor man überhaupt miteinander spricht." 

Passagiere haben kein Verständnis

Bei den verhinderten Flugreisenden macht sich Ärger breit. "Mein Verständnis für den Streik hält sich in Grenzen", sagt die Mutter einer schulpflichtigen Tochter. "Ich finde es nicht gut, dass ausgerechnet der Flughafen Hamburg ausgesucht wurde, weil hier die Frühjahrsferien starten." Dadurch seien vor allem Familien mit schulpflichtigen Kindern betroffen.

Die Familie wollte heute nach Fuerteventura in die Sonne fliegen. "Aber daraus wird jetzt nichts. Unser Flug wurde gestrichen und wir müssen nun abwarten, wie es weitergeht." Ihr Reiseveranstalter versucht Flüge umzubuchen und hat für morgen schon zahlreiche Ersatzflüge auf der Homepage aufgelistet. "Ob sie unseren Flug auch noch umbuchen können, bleibt abzuwarten. Vielleicht können wir auch erst am Dienstag fliegen, das wäre natürlich sehr schade", sagt die Mutter.

Eine Jugendliche, die mit ihrer Mutter nach Ägypten reisen wollte, sagt, sie sei im Endeffekt nicht wütend, sondern eher traurig, dass sie nicht fliegen könnten. Eigentlich habe doch erst ab Montag gestreikt werden sollen. "Warum schon heute, das ist einfach doof."

Flughafenverband: Unüberlegter Warnstreik sorgt für Chaos

Der Flughafenverband ADV kritisierte die Verdi-Aktion scharf: Der spontane Streik am Hamburger Flughafen zu Ferienbeginn lasse jeglichen Respekt und Verhältnismäßigkeit vermissen. "Es ist nicht hinnehmbar, dass Reisende zum Spielball gemacht werden", sagte ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel. "Dieser unüberlegte Streik verursacht unnötiges Chaos und erhebliche Unannehmlichkeiten für zehntausende Urlauber und Geschäftsreisende, die ihre Reisepläne erneut durchkreuzt sehen." Das Maß sei voll.

Verdi-Sprecher verteidigt heutigen Warnstreik

Gewerkschaftssekretär Lars Stubbe räumt ein: "Wir wissen, dass es für die Passagiere eine massive Belastung ist." Aber der Warnstreik, über den der Flughafen etwa eine halbe Stunde vor Beginn informiert worden sei, sei notwendig. Das Ziel von Warnstreiks sei, Unternehmen wirtschaftlich zu schaden, um Druck aufzubauen. Bei Arbeitsniederlegungen mit längeren Ankündigungen ergreife der Flughafen Maßnahmen und setze etwa Streikbrecher ein, sagte Stubbe. "Ein Streik muss aber wirksam sein."

Er betonte, dass die Arbeitgeberseite im Tarifstreit mit Bund und Kommunen endlich ein vernünftiges Angebot vorlegen müsse. Zwei Verhandlungsrunden seien schon ergebnislos gewesen. "Dass auch nach der zweiten Verhandlungsrunde immer noch kein Angebot auf dem Tisch liegt, das empört alle Kolleginnen und Kollegen in allen Bereichen des Flughafens."

Verdi fordert eine Tariferhöhung im Volumen von acht Prozent, mindestens aber 350 Euro mehr monatlich, und höhere Zuschläge für die Arbeit zu belastenden und ungünstigen Zeiten. Die Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte sollen um 200 Euro monatlich angehoben werden. Außerdem fordert die Gewerkschaft drei zusätzliche freie Tage. Die Arbeitgeber haben diese Forderungen als nicht finanzierbar zurückgewiesen. Die dritte Tarifrunde soll vom 14. bis 16. März in Potsdam stattfinden.

Auch Montag keine Abflüge mit Passagieren von Hamburg aus

Die Hoffnung, dass der Warnstreik am Montag abgesagt wird, erfüllt sich wohl nicht. Auch in Hamburg soll zu Wochenbeginn trotz des sonntäglichen Warnstreiks die Arbeit in mehreren Bereichen niedergelegt werden, sagte Stubbe. Betroffen sind unter anderem die Flugzeugabfertigung und die Sicherheitskontrolle der Passagiere. 

Nach Angaben von Flughafensprecherin Bromm werden wegen des Warnstreiks an der Sicherheitskontrolle am Montag keine Abflüge mit Passagieren möglich sein. "Ankünfte können stattfinden, allerdings ist morgen ganztägig mit erheblichen Beeinträchtigungen und auch Streichungen bei den Ankünften zu rechnen." Man empfehle allen Reisenden, die ab Hamburg fliegen möchten, Kontakt mit Ihrer Fluggesellschaft aufzunehmen und nicht zum Flughafen zu kommen.

Bauarbeiten behindern Bahnverkehr

Ein kurzfristiges Ausweichen auf die Bahn ist zurzeit von Hamburg aus schwierig. Die Deutsche Bahn begann am Samstag mit umfangreichen Bauarbeiten in Hamburg. Nicht nur die Strecke nach Pinneberg, die die Züge nach Sylt, Kiel und Flensburg nutzen, ist für zwei Wochen unterbrochen, sondern auch die Verbindungsbahn zwischen Hauptbahnhof und Altona. Das bedeutet, dass nicht alle Fernzüge bis oder ab Hauptbahnhof fahren können. 

Die Züge aus Berlin, Hannover und Bremen fahren zum Teil erst ab Bergedorf oder Harburg. Von und nach Berlin verkehren die Züge nur etwa stündlich statt halbstündlich. Zwischen Hamburg und Hannover entfallen ebenfalls einige Verbindungen. Zahlreiche Fahrten waren am Sonntag ausgebucht. Reisende müssen in Hamburg teilweise auf die S-Bahn ausweichen. Allerdings werden auf der Linie S1 zwischen Flughafen und Hauptbahnhof Gleise instand gesetzt. Fahrgäste müssen eine Teilstrecke mit der U-Bahn oder einem Ersatzbus fahren.

In anderen Bereichen gibt es morgen ebenfalls Warnstreiks

Auch in weiteren Bereichen müssen die Menschen in Hamburg am Montag mit Einschränkungen rechnen. Verdi hat die Beschäftigten zentraler Bereiche aufgerufen, einen Tag lang die Arbeit niederzulegen. In den Ausstand treten sollen nach den Vorstellungen der Gewerkschaft unter anderem auch Beschäftigte der Asklepios-Kliniken, des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), der Elbkinder-Kitas als Hamburgs größtem Kita-Träger, der Stadtreinigung und der Hamburg Port Authority (HPA).

(Quelle: Birgitta von Gyldenfeldt und Bernadette Bier, dpa)

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