03. März 2025 – Isabell Wüppenhorst

Martina Müller

Von Kim Wildes Schal zu 10 Millionen Euro für Kinder in Not

Radio Hamburg ist der Sender für die ganze Stadt. Das ist seit der Gründung das Motto, nach dem das Programm gelebt wird. Und genau ein Jahr nach Sendestart war dieses Motto der Grund, warum der damalige Programmdirektor Dr. Thomas Walde "Hörer helfen Kindern" ins Leben gerufen hat.

Martina Müller
Foto: Radio Hamburg

Radio Hamburg ist der Sender für die ganze Stadt. Das ist seit der Gründung das Motto, nach dem das Programm gelebt wird. Und genau ein Jahr nach Sendestart war dieses Motto der Grund, warum der damalige Programmdirektor Dr. Thomas Walde "Hörer helfen Kindern" ins Leben gerufen hat. Eine Programmaktion, die 36 Jahre später immer noch einen wichtigen Teil von Radio Hamburg bildet und seitdem unglaublich gewachsen ist! Das alles wäre ohne unsere Hörerinnen und Hörer nicht möglich gewesen und auch nicht ohne zahlreiche Unternehmen die uns Jahr für Jahr mit kreativen Spendenaktionen unterstützen. Dafür wollen wir danke sagen! Bei Radio Hamburg selbst ist es Martina Müller, die "Hörer helfen Kindern" zu dem gemacht hat, was es heute ist. Sie ist Vereinsleiterin und Pressesprecherin von Radio Hamburg und erzählt uns, wie eine Programmidee zum Verein wurde, wie aus dieser Idee mittlerweile über 10 Millionen Euro an Kinder in Not gegangen sind. Und sie spricht über die besonderen Fälle und Aktionen – aber auch die Tage, die mal ein bisschen härter sind. Denn gerade bei der Arbeit rund um den guten Zweck gibt es Fälle, die besonders mitnehmen.

Wie hat "Hörer Helfen Kindern" angefangen, sich entwickelt und wo steht es jetzt?

Martina: "Am Anfang wurden das ganze Jahr über Souvenirs von Stars gesammelt, z.B. damals ein Schal von Kim Wilde oder eine signierte Schallplatte von Marius Müller Westernhagen. Ganz schön retro! Und das wurde dann versteigert und dieser Erlös ging an verschiedene Empfänger. Ich bin dann 1995 dazugekommen und habe einfach, weil ich auch ein sehr organisierter, methodischer Mensch bin, gesagt, okay, ich mache hier gerne ein bisschen die Administration. Ich habe dann die Spendenempfänger mit ausgesucht und die Öffentlichkeitsarbeit gemacht. Und im Laufe der Jahre hat sich das dann immer weiter und größer entwickelt. Wir haben auch mehr Programmplatz, mehr Programmfläche bekommen und damit auch mehr Spendeneinnahmen. Wenn es mehr gehört wird und man das noch intensiver bei den Hörern verankern kann, dann bekommt man natürlich auch mehr Unterstützung."

Warum habt ihr dann einen Verein gegründet?

Martina: "Durch die wachsende Aufmerksamkeit haben wir auch immer größere Gesamtspenden erhalten. Wir wollten uns immer bewusst ganz individuell aussuchen, wohin das Geld geht. Und immer die Freiheit haben, auch kleinere Spendenwünsche zu erfüllen. Wir brauchten eine andere Struktur und haben uns gefragt wie machen wir das? Da habe ich einen Verein vorgeschlagen. Mit der Vereinsgründung hatten wir die Möglichkeit, das alles anzubieten. Wir konnten die Zahl der Spendenempfänger deutlich erhöhen und hatten vor allem die Möglichkeit, Großspendern eine Spendenbescheinigung auszustellen. Wir konnten Personal einstellen und durch diese Umstellung sofort auch mehreren Kindern helfen. Die Mitglieder des Vereins sind ausschließlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Radio Hamburg oder zum Teil, so ist es heute, ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auf jeden Fall Menschen, die eng mit unserem Haus, mit unserem Sender verbunden sind, denen die Aktion selber am Herzen liegt und wichtig ist."

Gibt es einen Fall der dir besonders im Gedächtnis geblieben ist?

Martina: "Ja, ich kann von einem Fall berichten, auf den wir einfach auch besonders stolz sind, und das ist ein junger Mann namens Jannes, der jetzt im Sportinternat in Hannover ist. Jannes ist seit seiner Geburt querschnittsgelähmt. Als wir ihn kennengelernt haben, war er acht Jahre alt und konnte sich über nichts richtig freuen. Er war von so vielen Dingen ausgeschlossen. Er konnte nicht mit auf den Fußballplatz, nur wenige Kinder haben ihn zu Geburtstagen eingeladen, weil irgendwie so im Hinterkopf war, ja und wie machen wir das?

Und dann kamen seine Eltern auf die Idee mit einem Assistenzhund. Der Hund heißt Linda und ist ein Golden Retriever. Seit Linda an Jannes Seite ist, ist er wie verwandelt. Fröhlicher und selbstbewusster. Inzwischen ist Jannes erwachsen, hat den Rollstuhl-Sport für sich entdeckt und hat sogar schon Preise gewonnen!

Dank der Großzügigkeit der Spenderinnen und Spender, dank der vielen Firmen, dank der vielen Hörerinnen und Hörer, die einfach mal einen Euro in die Dose werfen, haben wir die Möglichkeit, das Leben von so vielen Kindern besser zu machen, einen kleinen Lichtblick zu geben. Und auch wenn es manchmal keine Hoffnung und kein Happy End gibt, so weiß man wenigstens, dass dieses Projekt hilft. Sei es ein Urlaub oder ein Hund. Auch die kleinen Dinge machen einen Unterschied im Leben dieses Kindes. Und das macht sehr glücklich und gibt Kraft weiterzumachen."

Wie viel ist seit der Gründung von Hörer helfen Kindern an Spenden zusammengekommen?

Martina: "Das sind sagenhafte 10 Millionen Euro. Das ist wirklich fantastisch. Jährlich unterstützen wir zwischen 150 und 180 Projekte und/oder einzelne Kinder."

Wann kommen die meisten Spenden zusammen und wann werden diese verteilt?

Martina: "Wir sammeln das Geld in den Weihnachtswochen, immer zwischen dem 1. Dezember und Heiligabend, und es gipfelt in der Woche vor Heiligabend mit dem Spendenmarathon. Da wird jede Stunde im Programm gesammelt. Also das Programm öffnet sich wirklich komplett für Hörer helfen Kindern. Dafür sind wir total dankbar denn da kommen riesige Summen zusammen. Das Geld geht dann auf das Spendenkonto. Kurz nach der Jahreswende sortieren wir uns einmal und fangen an, die ganzen Spendenbescheinigungen zu schreiben. Die gehen dann spätestens in der dritten, vierten Januarwoche raus, weil vor allem Unternehmen ihre Steuererklärung machen müssen. Wir erstellen über 2000 Stück auf einmal. Das dauert einen Moment. Und dann, so ab Ende Januar kann man sagen, fangen wir an, die neu gewonnenen Spenden an die Familien, Kinder und Jugendlichen zu verteilen."

Wie finanziert sich der Verein?

Martina: "Meine Arbeitszeit wird tatsächlich vom Haus bezahlt, also von der Verwaltungsgesellschaft, die hinter Radio Hamburg steht. Und dadurch, dass ich den Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit leite, fällt es da rein. Ich würde sagen, ich investiere ungefähr 60 Prozent meiner Arbeitszeit in Hörer helfen Kindern. Darüber hinaus wird der Verein selbst finanziert, eben aus den Spenden, die eingehen, mit zwei festangestellten Mitarbeiterinnen, drei Werkstudenten und einem Minjobber."

Um nochmal auf die Spendenbescheinigungen zurückzukommen: Wie handhabt ihr das bei "Hörer helfen Kindern"?

Martina: "Ab einer Spende in Höhe von 300€ hat der Spender ein Anrecht auf eine Zuwendungsbescheinigung. Bei uns bekommt jeder, der ab 100€ spendet, eine Spendenbescheinigung oder eben Zuwendungsbescheinigung, weil das so viel Geld ist, dass wir uns auf diesem Wege noch einmal bedanken möchten. Und mit dem Versand haben wir auch die Möglichkeit, einen Brief mitzuschicken. Wir machen das noch ganz klassisch auf Papier. Gerade in der Weihnachtszeit ist es für die Spender wirklich schön, eine kleine Dokumentation über die Kinder, denen wir geholfen haben, und die Projekte zu haben. Und ich bin mir sicher, dass das auch bei den Spendern einen Unterschied macht. Es gibt sicher Leute, die unterstützen mehrere Einrichtungen, mehrere Initiativen. Und wenn man dann so ein schönes Dankeschön von uns bekommt, dann, glaube ich, bleibt das im Gedächtnis."

Die Spendendosen von "Hörer helfen Kindern" sieht man in der ganzen Stadt. Von Privatpersonen und Unternehmen. Jedes Jahr denken sich aber auch Unternehmen über die Spendendosen hinaus tolle Aktionen aus. Was ist dir da besonders im Kopf geblieben?

Martina: "Wir hatten mal, eine große Baufirma, die hat Plätzchen gebacken. Die haben die Kollegen aufgerufen, backt doch Plätzchen und dann haben sie diese einen Tag lang verkauft und alles, was in den Spendendosen gelandet ist, ist für Hörer helfen Kindern gesammelt worden. Also das war total schön. Auch andere Firmen lassen sich total charmante Aktionen einfallen, zum Beispiel ein Nagelstudio, die dann jeden Adventssamstag von jeder French Maniküre 5€ spenden oder dann bestimmte Dienstleistungen zu unseren Gunsten machen. Es gibt im Bereich der neuen digitalen Medien auch Streamer, die über Twitch einen Stream machen und dann ihre Fanbase auffordern, sich unseren Verein anzuschauen und zu spenden. Darüber hinaus gibt es andere, tolle Aktionen wie ein Tannenbaumschlagen oder das "Radio Hamburg Franzbrötchen" in Zusammenarbeit mit der Bäckerei Allwörden, Nur Hier, Dallmeyers-Backhus und Bäckerei Knaack."

In den letzten 36 Jahren hat sich Hörer helfen Kindern so enorm entwickelt. Was ist deine Vision für die kommenden Jahre?

Martina: "Also ich bin sehr, sehr zuversichtlich, dass wir auch weiterhin so erfolgreich Spenden sammeln werden. Ja, durch die Unterstützung von Radio Hamburg, durch die Kollegen im Programm, die das natürlich auch leben. Wir gehen immer mit der Zeit, wir modernisieren natürlich auch die Art des Spendensammelns. Die Ansprache, wie das im Programm klingt, ist heute anders als vor 15 Jahren. Aber die Hilfe und das Herz der Hörerinnen und Hörer von Radio Hamburg, das ist da, das wird immer weiter schlagen und wird auch immer weiter dazu beitragen, dass unser Verein am Leben bleibt. Es ist auch so wichtig, gerade Kindern und Jugendlichen Hilfe anzubieten. Man sieht, wie viele Kinder auf sich allein gestellt sind, dass diese Schere zwischen Arm und Reich einfach immer weiter auseinander geht. Da gibt es viel zu tun. Und insofern ist mein Blick in die Zukunft auf Hörer helfen Kindern natürlich positiv. Es wird auf jeden Fall weitergehen. Und ja, ich hoffe, dass wir noch sehr, sehr vielen Kindern eben Gutes tun können."

(Interview: Isabell Wüppenhorst)

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